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Referenzbauten

Öffentliche Objekte | KITA / Schulbauten | 

 

Kulturhaus Dietfurt

Öffentliche Objekte - Ausstellung / Sonderbauten - Sanierung
Adresse:
Klostergasse 5
92345 Dietfurt
Architekt:
Micheal Kühnlein jun.
Sollngriesbacher Straße 4
92334 Berching
mail@kuehnlein-architektur.de
Beschreibung:
Nachhaltige Sanierung mit natürlichen, traditionellen Baustoffen wie Kalkputze als Baustellenmischung mit regionalem Sand, Kalk und Kälberhaar, Lehmschlagdecken mit Lehm-Stroh-Gemisch, Farben auf Quark-Kasein-Basis innen und Kalk mit Erdpigmenten aussen. Leichtlehmdämmung als energetische Ertüchtigung, Verzicht auf Polystyrol-Dämmstoffe. Verwendung von Glasschaum unter Fußboden Erdgeschoß, Holzfaserdämmung in der Obergeschoßdecke. Eine Entdeckung: Architektur und Statur waren dem Haus in der Dietfurter Klostergasse im Laufe der Zeit abhandengekommen. Jeder Eigentümer hatte es nach seinen Notwendigkeiten „modernisiert“. Zuletzt etablierte sich zwischen Kirche und Stadtmauer ein Elektrohandel. Für die Ladentür wurde die Südostecke aufgerissen, für die Schaufenster große Öffnungen in die Süd- und Ostfassade geschlagen. Auch im Obergeschoss sorgten dunkel gerahmte Einscheiben-Doppelglasfenster für mehr Licht. Wäre nicht das mit dünnen Kalksteinplatten dicht belegte, flachgeneigte Dach gewesen, kaum jemand hätte in dem mit gelb getünchten Zementputz überzogenem, im Inneren stark zergliederten Gebäude ein Denkmal vermutet. Prominente Lage: Auf Grundlage der Bauforschung von Stefanie Bassen erarbeitete der Architekt ein virtuelles Modell des ursprünglichen Gebäudes, dessen Holzgerüst sich mittels Dendrochronologie exakt auf das Jahr 1715 datieren ließ. Damit entstand das Haus in der Zeit des Wiederaufbaus nach den Zerstörungen im Spanischen Erbfolgekrieg. Als kaiserliche Truppen die Frontstadt einnahmen gingen 29 Häuser in Flammen auf. Vielleicht war die Klostergasse 5 darunter? Ältere Bauteile im Gewölberaum lassen darauf schließen, dass es einen Vorgängerbau gab. Erst nach dem Rastatter Frieden 1714, als Dietfurt wieder bayrisch wurde, dürfte die Bevölkerung Mut zum Neubau gefasst haben. Die Lage des Hauses ist prominent. Die Klostergasse führt von der Pfarrkirche nach Norden zum Klosterthörl in der Stadtmauer, das zusammen mit der hölzernen Laberbrücke eine direkte Anbindung des 1660-67 gebauten Franziskanerklosters an die Stadt herstellte. Bedeutende Historie Kaum hat man die Pfarrkirche im Rücken, springt das große Haus weit in den Straßenraum vor und verengt ihn zusammen mit der Ecke des schräg gegenüber liegenden Hauses. Nur wenige Meter weiter steht die Giebelfront frei an einem Platz, dessen ursprüngliche Größe durch die aktuellen Garagen nur noch zu erahnen ist. Die Nordflanke wiederum lief mit einem gewissen Sicherheitsabstand parallel zur Stadtmauer. So wie es aussieht, bildet das Haus Klostergasse 5 zusammen mit dem schräg gegenüber liegenden Eckhaus einerseits einen Hof neben der Kirche und andererseits nach dem Engpass eine Art Vorplatz an der Stadtmauer. Über die Bauherrenschaft und die Funktion des Hauses kann bisher nur spekuliert werden. Aber ganz unbedeutend können sie nicht gewesen sein, wie auch weitere Funde vermuten lassen. Jurahaus Baukonstruktiv entpuppt sich das Anwesen Klostergasse 5 als typisches Jurahaus. Die Wände des Erdgeschosses wurden – vermutlich auch aus Hochwasserschutzgründen – aus Kalksteinen gesetzt. Fensterbögen, Tür- und Toröffnungen sind aus Ziegel gemauert. Auf dem massiven Mauerwerk sitzt einen Fachwerkkonstruktion auf, die das Dach mitträgt. Während das Fachwerk auf den Giebelseiten eingemauert wurde, blieb es an den Traufseiten sichtbar – wurde aber grau übertüncht, um einen massiven Steinbau vorzutäuschen. Das für die Region und den Bautyp signifikante Steindach ruht auf einem doppeltstehenden Pfettendachstuhl. Dabei wird die Firstpfette noch zusätzlich von Firstsäulen unterstützt, die auf einem Kehlbalkendach stehen. Denn ein sogenanntes Legschieferdach bringt durch die dicke Schichtung der Kalkplatten bis zu 275 Kilogramm Gewicht auf den Quadratmeter. Der Seitenschub auf den Kniestock ist enorm. Auf der Südseite besaß das Haus eine große Toreinfahrt. Fuhrwerke konnten vom Kirchenvorplatz in die Klostergasse einbiegen, direkt in die breite, zweigeschossige Mittelzone des Hauses, den sogenannten Tenner, einfahren. Die Zugtiere wurden abgespannt und links in den Stall geführt. Heu oder Getreidesäcke konnten direkt vom Wagen auf den Boden über den Räumen der linken Hauszone entladen werden. Wie fast alle alten Häuser, die sich aus dem Städtebau entwickelten, weist das Haus Klostergasse 5 einen klaren, annähernd quadratischen Grundriss mit jeweils drei Raumzonen in Querrichtung von Traufe zu Traufen auf wie in der Längsrichtung von Giebel zu Giebel auf. Dabei können die insgesamt 9 Raumkompartimente nach Bedarf zusammengelegt oder mit Fachwerkwänden unterteilt werden. In der Regel gibt es wie hier einen zweigeschossigen Tenner, der links und rechts von Wirtschaftsräumen begleitet wird. Ein Quergang verbindet Haus- und Hofeingang. Daran schlossen sich Stallungen, Futter- und weitere Wirtschaftsräume an. Die gute – sprich beheizte – Stube, Küche und Schlafkammer lagen allein in der rechten Raumzone im Obergeschoss. Dabei hatte die Stube den Vorzug, Süd- und Ostfenster zu besitzen, so dass die Bewohner sowohl zum Kirchenhof, wie zu dem Platz am „Klosterthörl“ blicken konnten. Sensationelle Funde Trotz der einstellenden Modernisierungen und der massiven Bauschäden, die unter anderem durch unsachgemäße Treppen- und Kamineinbauten entstanden waren, fanden sich noch so viele konkrete, materielle Hinweise auf den Ursprungsbau, sodass einem Rückbau und einer Rekonstruktion nach Befund nichts im Wege stand: Da waren die Gewände des großen Tors, einzelne Fenster und Schmucknischen im Giebel. Da war das stark angegriffene Fachwerk an den Traufseiten. Da waren die Lehmschlagdecken in den Wirtschafts- und Wohnräumen. Selbst eine schmückende Bemalung in der Sockelzone der guten Stube sowie auf und neben den Deckenbalken kam zum Vorschein. Und da war der zwar stark verwitterte – aber ansonsten vollständig erhaltene Pfettendachstuhl des Jahres 1715, mit seiner authentischen Harnickelschalung: Halbierte Fichtenstämmchen, die mit der Spaltseite nach unten mit Holznägeln auf die Sparren genagelt wurden, sodass die Legschieferplatten auf dem oberen Relief einen gewissen Halt fanden. Laufender Hund Die Stadträte staunten, als Michael Kühnlein ihnen seine Rekonstruktion des Ostgiebels präsentierte. Dort, wo der Zementputz abgeplatzt war, hatte er Farbreste und Putzritzungen der historischen Bemalung entdeckt. Auch die Punkte, in denen ein Zirkel eingeschlagen worden war, konnte er noch genau sehen. Michael Kühnlein versuchte das Muster nachzuziehen und kam auf ein zweifarbiges, doppeltes Wellenband, vulgo den „Laufenden Hund“. So etwas hat man im Altmühltal noch nicht gesehen. Auch in Bayern ist das Motiv weitgehend unbekannt. Jetzt, wo die gesamte Fassade nach Befund wieder hergestellt ist, ergibt sich eine sowohl kräftige wie raffinierte geometrische Gliederung: Für die großen Wandflächen verwendeten die Baumeister Stupfputz, einen Rauputz, der mit Nagelbrett strukturiert wird.
Ostgiebel (Quelle: Erich Spahn)
Ostgiebel (Quelle: Erich Spahn)